Bernd, ich habe Idee – persönlich, tiefgründig und authentisch – für Dich und mich. Der 1000hmr ist ja nicht nur ein Wanderweg, sondern ein Erlebnisraum – für Körper, Geist und Seele. Unsere Verbindung zum Judo und unser Respekt vor der japanischen Kultur und Philosophie verleihen dem Projekt eine neue Dimension: Der Weg wird zum Pfad der inneren Haltung, nicht nur zur sportlichen Herausforderung.
Ich habe uns beiden daraus ein Konzept gemacht, das die japanischen Gedanken in Einklang mit dem Erlebnis 1000hmr (stellvertretend natürlich mit jedem anderen Wanderweg, Skitour, etc.) bringt.
Thomas
10. Juni 2025
„Das Ziel ist im Weg“ – Der 1000hmr als Pfad japanischer Lebenskunst
Ikigai – Dein Grund, morgens aufzustehen
Der 1000hmr ist mehr als ein Höhenprofil. Er ist eine Einladung, das eigene „Warum“ zu spüren. Warum gehe ich los? Was treibt mich an? Vielleicht ist es genau dieser Weg, der dabei hilft, dem eigenen Ikigai näherzukommen – dem, was unserem Leben Sinn verleiht.
Ganbaru – Niemals aufgeben
Die 1.000 Höhenmeter sind eine Herausforderung. Es gibt Stellen, da brennen die Waden – da zweifelt man kurz. Aber dann kommt Ganbaru ins Spiel: Durchhalten. Nicht aufgeben. Und plötzlich stehst du oben – und fühlst dich unbesiegbar.
Wabi-sabi – Die Schönheit der Unvollkommenheit
Der 1000hmr ist kein makelloser Asphaltweg. Er ist stellenweise wild, knorrig, rau. Und genau darin liegt seine Schönheit. Wabi-sabi lehrt uns, in der Unperfektion das Echte zu finden – wie ein moosbewachsener Stein am Wegrand, der uns mehr sagen kann als jedes Schild.
Kodawari – Leidenschaft im Detail
Du kennst es selbst: Ein gutes Judo-Training lebt vom Feinschliff und Wiederholung. Genauso ist es mit dem Weg. Jede Markierung, jede Strecke, jedes Schild wurde mit Hingabe gepflegt. Der 1000hmr ist Ausdruck eines stillen Kodawari – dieser kompromisslosen Liebe zum Detail, die nichts dem Zufall überlässt.
Nanakorobi yaoki – Siebenmal fallen, achtmal aufstehen
Wer sich auf diesen Weg begibt – ob sportlich, innerlich oder emotional – wird nicht nur laufen. Er wird wachsen. Vielleicht auch stolpern. Aber wie im Judo zählt nicht das Fallen, sondern das Wiederaufstehen. Der 1000hmr macht uns innerlich aufrechter.
Kokoro – Mit Herz und Geist unterwegs
Im Japanischen bezeichnet Kokoro die Einheit von Herz und Geist. Wer auf dem Weg ist, spürt genau das: Der Kopf wird frei, das Herz geht auf. Jeder Schritt wird zur Meditation in Bewegung – eine stille Verbindung mit dem, was in uns lebt.
Fazit:
Der 1000hmr ist ein stiller Lehrer. Ein Dojo unter freiem Himmel. Und wer sich darauf einlässt, wird nicht nur Höhenmeter machen – sondern innere Haltungen erleben, die weit über den Sport hinausreichen. Das ist Judo im Gehen. Und das ist: zeitlos schön.
Wir starten mit „20 Stationen für Kokoro“. Jeder der 20 Kilometer erhält eine symbolische Station, verbunden mit einem japanischen Gedanken, einer inneren Haltung oder einem Wert aus dem Judo und der japanischen Philosophie. Die Stationen sind wie mentale Wegmarken – für Körper, Geist und Herz.
1. Kilometer: Rei – Der Weg beginnt mit Respekt
Bevor der erste Schritt getan ist, beginnt der Weg im Inneren – mit Rei (礼), dem japanischen Wort für Respekt. Im Judo ist Rei mehr als eine Höflichkeitsgeste. Es ist ein Ausdruck der Haltung: gegenüber dem Dojo, dem Partner, der Tradition – und letztlich sich selbst.
Wenn du den 1000hmr betrittst, betrittst du auch ein Stück Natur, das gewachsen ist, bevor wir da waren – und das bleiben soll, wenn wir längst weitergezogen sind. Rei bedeutet: achte den Weg, die Landschaft, die Menschen und dich selbst.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Jeder Schritt beginnt mit Respekt – vor dem, was war, vor dem, was ist, vor dem, was kommt.“
2. Kilometer: Ganbaru – Gib nicht auf
Wenn der Weg steil wird, die Beine schwer und der Atem kürzer – dann begegnet dir ein Gedanke, der in Japan tief verankert ist: Ganbaru (頑張る).
Dieses Wort hat kein genaues deutsches Äquivalent. Es bedeutet nicht einfach „sich anstrengen“, sondern vielmehr: „Mit vollem Herzen weitermachen, auch wenn es hart wird.“ Im Dojo zeigt sich Ganbaru in jeder Wiederholung, in jedem Fall, in jedem Aufstehen. Auf dem 1000hmr ist es das, was dich den nächsten Anstieg meistern lässt.
Manchmal sind es äußere Steigungen, manchmal innere. Ganbaru heißt: Du gehst trotzdem weiter.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Es geht nicht darum, wie leicht du gehst. Es geht darum, dass du gehst – trotz allem.“
3. Kilometer: Wabi-sabi – Die Schönheit im Unvollkommenen
Wer den 1000hmr kennt, weiß: Er ist nicht perfekt. Mal liegt ein Ast im Weg, mal ist der Boden uneben, mal verliert sich der Pfad fast im Gras. Und genau das ist sein Zauber. Der dritte Kilometer steht unter dem Zeichen von Wabi-sabi (侘寂)– der japanischen Kunst, das Unvollkommene, Vergängliche und Unscheinbare zu lieben.
In der japanischen Ästhetik ist Wabi-sabi eine Einladung zum Innehalten. Ein moosbedeckter Felsen, ein knorriger Baum, ein leicht verblasstes Schild – sie alle erzählen Geschichten. Geschichten, die gerade wegen ihrer Ecken und Kanten berühren.
Auch im Judo – und im Leben – geht es nicht um makellose Technik, sondern um Echtheit. Wabi-sabi bedeutet, das Unperfekte zu würdigen – in der Natur, im Gegenüber, in sich selbst.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Der Weg ist nicht perfekt. Und genau deshalb ist er echt.“
4. Kilometer: Nanakorobi yaoki – Siebenmal fallen, achtmal aufstehen
Egal ob auf dem Tatami oder mitten im Hang auf dem 1000hmr – Aufgeben ist keine Option. Der vierte Kilometer steht unter dem Zeichen von Nanakorobi yaoki (七転び八起き) – dem berühmten japanischen Sprichwort: „Siebenmal fallen, achtmal aufstehen.“
Es geht nicht darum, nie zu scheitern. Es geht darum, immer wieder aufzustehen. Diese Haltung prägt das Judo-Training – und das Leben. Und auf diesem Weg: Wenn die Kraft nachlässt, die Muskeln brennen und der Wind dir entgegenbläst, dann ist Nanakorobi yaoki deine innere Stimme. Sie sagt: Geh weiter. Jetzt erst recht.
Nicht Perfektion macht stark. Standhaftigkeit tut es. Und manchmal reicht ein einziger aufrechter Schritt mehr als alle bisherigen zusammen.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Wirklich stark ist nicht, wer nie fällt. Sondern der, der nie liegen bleibt.“
5. Kilometer: Kodawari – Leidenschaft im Detail
Es gibt Wege, die funktionieren – und es gibt Wege, die man spürt. Der Unterschied liegt im Detail. Genau darum geht es im japanischen Konzept Kodawari (こだわり): die kompromisslose, fast stille Hingabe an Qualität, an Sorgfalt, an das, was man tut.
Auf dem 1000hmr steckt Kodawari überall: In der sorgfältig gewählten Streckenführung. Im handgesetzten Wegzeichen. In der Überlegung, wo eine Pause gut tut – und wo ein Weg bewusst schmal bleibt. Das ist keine Effizienz, das ist Haltung.
Auch im Judo zeigt sich Kodawari. Nicht im Sieg, sondern im sauberen Wurf. In der Technik, die man 1.000 Mal wiederholt. Weil es nicht reicht, dass es funktioniert. Es soll stimmig sein – im Einklang mit dem, was man selbst als richtig empfindet.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Wirklich gutes entsteht dort, wo jemand mit Liebe die Details achtet – selbst wenn es niemand sieht.“
6. Kilometer: Shoganai – Es ist, wie es ist
Manchmal regnet es. Manchmal verläuft man sich. Manchmal kommt einfach alles anders als geplant. Genau dann hilft ein urjapanischer Gedanke: Shoganai (しょうがない) – was sinngemäß bedeutet: „Es lässt sich nicht ändern.“
Shoganai ist keine Resignation, sondern eine Form von Gelassenheit. Es ist die bewusste Entscheidung, sich nicht zu ärgern über das, was außerhalb der eigenen Kontrolle liegt. Auf dem Weg – und im Leben – passiert das öfter, als einem lieb ist.
Auch im Judo gibt es diese Momente: Du verlierst, obwohl du alles gegeben hast. Dann stehst du auf, verbeugst dich – und gehst weiter. Shoganai schenkt dir innere Ruhe, wo Widerstand nur Energie kostet. Es erlaubt dir, das Jetzt zu akzeptieren – und trotzdem mit Haltung weiterzugehen.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Nicht alles lässt sich ändern. Aber alles lässt sich würdevoll annehmen.“
7. Kilometer: Yuzurenai – Gib nicht auf
Es gibt Momente auf dem Weg, da ist man versucht, abzukürzen. Umzukehren. Aufzugeben. Genau dort meldet sich ein innerer Wert, der im Japanischen Yuzurenai (譲れない) genannt wird: das, woran du festhältst. Was du nicht aufgibst – niemals.
Yuzurenai steht für Entschlossenheit. Nicht stur, sondern tief verankert. Im Judo zeigt sich das, wenn du trotz Niederlage wieder auf die Matte gehst. Auf dem 1000hmr spürst du es, wenn du weißt: Dieser Anstieg gehört jetzt dir. Kein Schritt ist verschenkt, solange du nicht aufgibst.
Manche Ziele sind keine äußeren. Sondern innere. Yuzurenai erinnert dich daran, was dir wirklich wichtig ist – und dass es sich lohnt, daran festzuhalten. Auch wenn’s schwer wird.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Es gibt Dinge, die man nicht erklärt – sondern durchhält.“
8. Kilometer: Kokoro – Der Weg des Herzens
Wenn du auf dem 1000hmr unterwegs bist, spürst du irgendwann: Es geht nicht mehr nur um Bewegung. Es entsteht etwas Tieferes – ein inneres Mitschwingen. Im Japanischen nennt man dieses Zusammenspiel von Herz, Geist und Gefühl Kokoro (心).
Kokoro ist das Zentrum unseres Menschseins. Es verbindet Denken, Fühlen und Handeln. Auf dem Weg heißt das: Du gehst nicht nur mit den Beinen, sondern mit deiner inneren Haltung. Jeder Schritt wird bewusst. Jeder Ausblick spricht etwas in dir an.
Im Judo bedeutet Kokoro, mit Mut, Demut und Achtung zu kämpfen – nie nur mit Technik. Und genauso ist es auf dem Weg: Wer mit Kokoro geht, tritt achtsamer, sieht mehr, fühlt tiefer. Der 1000hmr ist dafür der ideale Ort – ein Pfad für Körper, Herz und Seele.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Der Kopf denkt. Die Beine tragen. Aber das Herz entscheidet, wie weit du wirklich gehst.“
9. Kilometer: Shikata ga nai – Gelassen weitergehen
Der Weg ist nass. Die Aussicht verhangen. Die Gedanken kreisen. Und trotzdem gehst du weiter. Shikata ga nai (仕方がない) bedeutet: „Es gibt nichts, was man tun kann.“ Es ist die große Schwester von Shoganai – ein Ausdruck für ruhige Akzeptanz, tief verwurzelt in der japanischen Kultur.
Shikata ga nai ist keine Kapitulation. Es ist das Loslassen von Kontrolle, wo keine Kontrolle mehr möglich ist. Auf dem 1000hmr heißt das: Der Regen fällt – du gehst trotzdem. Die Steigung ist hart – du gehst trotzdem. Vielleicht sogar besonders bewusst.
Im Judo lernst du, dass du nicht jede Technik halten kannst. Manchmal musst du loslassen, um wieder in Bewegung zu kommen. Auch im Leben. Auch auf dem Weg.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Manches kannst du nicht ändern. Aber wie du damit gehst, entscheidet alles.“
10. Kilometer: Kanban – Klar sehen, wo es hingeht
Manchmal stehen wir am Scheideweg. Und manchmal mitten auf dem Weg – und wissen nicht, ob es noch der richtige ist. In solchen Momenten hilft ein japanisches Konzept, das vielen aus der modernen Projektwelt bekannt ist, aber tiefere Wurzeln hat: Kanban (看板) – wörtlich: ein Schild, das den Weg weist.
Im traditionellen Sinne ist ein Kanban ein Orientierungspunkt. Auf dem 1000hmr sind es die Wegweiser, die Markierungen, die kleinen Zeichen, die dir sagen: Du bist noch richtig. Und wenn du sie eine Weile nicht gesehen hast, wird dir bewusst, wie wichtig sie sind.
Im Leben ist es ähnlich. Wir brauchen manchmal ein Zeichen. Eine Erinnerung. Einen Hinweis, der uns hilft, den Fokus zu behalten – und uns nicht zu verlieren. Kanban bedeutet Klarheit. Und Klarheit schenkt Richtung.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Wenn du weißt, wohin du willst, genügt ein kleines Schild. Wenn du es nicht weißt, verlierst du dich auch auf dem besten Weg.“
11. Kilometer: Ikigai – Was dir wirklich Sinn gibt
Wandern ist Bewegung – aber oft beginnt sie innen. Spätestens auf dem 11. Kilometer des 1000hmr stellt sich eine stille Frage: Warum tue ich das eigentlich? Die japanische Antwort darauf heißt: Ikigai (生き甲斐) – „das, wofür es sich zu leben lohnt“.
Ikigai ist kein großes Lebensziel, sondern oft etwas Kleines, Stilles. Ein Gefühl. Eine Aufgabe. Eine Haltung. Es ist das, was dich morgens aufstehen lässt – und dich durch schwierige Phasen trägt. Auf dem Weg kann es ein Atemzug sein. Eine Aussicht. Oder das Wissen: Ich tue das gerade ganz für mich.
Auch im Judo zeigt sich Ikigai. Nicht im Wettkampf, sondern in der Treue zum Weg – Tag für Tag. Stunde für Stunde. Ikigai ist dein innerer Kompass. Wenn du ihn spürst, gehst du leichter. Auf dem Weg. Und durchs Leben.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Ikigai ist der stille Grund, warum du weitergehst – auch wenn niemand zusieht.“
12. Kilometer: Shinto – Der Weg ist heilig
Manchmal spürst du es ganz unvermittelt: eine stille Verbundenheit mit allem um dich herum. Der Wald atmet. Der Boden lebt. Der Wind flüstert dir etwas zu. Für die japanische Kultur ist das kein Zufall, sondern Teil einer tiefen Weltsicht: Shinto (神道) – der Weg der Götter.
Shinto ist keine Religion im westlichen Sinne. Es ist ein Bewusstsein. Eine Haltung der Ehrfurcht gegenüber dem Leben in all seinen Formen – Steine, Bäume, Berge, Wasser. In allem wohnt ein Funke des Heiligen.
Auf dem 1000hmr gibt es solche Orte. Du brauchst keine Erklärung, du spürst es. Und du trittst automatisch leiser, aufrechter, klarer. Shinto bedeutet, im Einklang mit dem Wesen der Natur zu gehen – nicht darüber hinweg.
Auch im Judo beginnt jede Bewegung mit Respekt – gegenüber dem Raum, dem Partner, der Tradition. Shinto erinnert uns: Der Weg selbst ist mehr als Untergrund. Er ist eine Beziehung.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Manche Wege gehst du nicht einfach – du ehrst sie.“
13. Kilometer: Mushin – Der leere Geist
Mit jedem Schritt kommst du weiter raus – aus dem Alltag, aus den Gedanken, aus dem Müssen. Und irgendwann, ganz unvermittelt, wird es still in dir. Kein innerer Dialog. Keine Ablenkung. Nur Sein. In der japanischen Philosophie nennt man diesen Zustand Mushin (無心) – „Geist ohne Gedanken“.
Im Judo ist Mushin ein Zustand höchster Präsenz: Du reagierst, ohne zu überlegen. Bewegst dich klar, weil nichts Störendes zwischen Wahrnehmung und Handlung liegt. Auf dem Weg ist Mushin wie ein Fenster zur inneren Weite: Du gehst einfach. Wach. Ganz bei dir. Ganz im Moment.
Mushin ist kein Ziel. Es stellt sich ein, wenn du alles loslässt – und eins wirst mit dem, was du tust. Der 1000hmr wird so zum Dojo unter freiem Himmel.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Wenn du den Weg vergisst – und einfach gehst – dann bist du ganz da.“
14. Kilometer: Zanshin – Die Aufmerksamkeit bleibt
Der steilste Anstieg liegt hinter dir. Der Blick wird weiter. Doch gerade jetzt ist Konzentration gefragt. Zanshin (残心)beschreibt im Japanischen einen Zustand wacher Präsenz – auch nachdem eine Handlung abgeschlossen ist. Wörtlich: „der verbleibende Geist“.
Im Judo ist Zanshin entscheidend. Nicht nur beim Angriff oder der Technik – sondern danach: Bleibst du aufmerksam? Wach? Im Kontakt mit deinem Gegenüber? Diese Haltung macht den Unterschied zwischen Technik und Geist.
Auch auf dem Weg ist Zanshin spürbar: Wenn du an einer Bank innehältst. Wenn du die Aussicht genießt, aber deine Sinne wach bleiben. Wenn du nicht in Gedanken abschweifst, sondern bleibst – verbunden mit dir und dem Moment.
Zanshin ist bewusste Aufmerksamkeit im Jetzt. Und auf dem 1000hmr vielleicht einer der wichtigsten Begleiter überhaupt.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Der Schritt ist getan. Aber du bist noch da. Und ganz bei dir.“
15. Kilometer: Seiryoku Zen’yō – Das Beste mit minimalem Aufwand
Der 15. Kilometer fordert nicht durch Steigung, sondern durch Länge. Jetzt entscheidet sich, ob du kraftvoll weitergehst oder Energie verlierst. Hier passt ein zentraler Grundsatz aus dem Judo: Seiryoku Zen’yō (精力善用) – „die bestmögliche Nutzung von Körper und Geist.“
Was im Sport die effiziente Technik meint, gilt auf dem Weg genauso: Finde deinen Rhythmus. Setze deine Kräfte klug ein. Nutze das Gelände. Atme bewusst. Nicht Schnelligkeit zählt, sondern Stimmigkeit.
Auch im Leben wird das Prinzip oft vergessen: Wer dauerhaft gegen sich selbst arbeitet, verbrennt. Wer klug einteilt, bleibt kraftvoll. Seiryoku Zen’yō ist gelebte Balance – und ein stiller Schlüssel für Ausdauer und Erfolg.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Du musst nicht alles geben. Aber du darfst das Beste aus dem machen, was du hast.“
16. Kilometer: Jita-Kyōei – Miteinander wachsen
Je länger der Weg, desto wichtiger das Miteinander. Vielleicht teilst du ihn mit jemandem. Vielleicht begegnest du anderen, die vor dir gehen, hinter dir wandern, dich überholen oder dich anfeuern. Auf dem 16. Kilometer erinnert dich ein zentraler Gedanke aus dem Judo an die Kraft des Gemeinsamen:
Jita-Kyōei (自他共栄) – „Wohl des Selbst und des Anderen“.
Im Judo ist dieser Leitsatz tief verankert. Jeder Fortschritt im Training geschieht mit einem Partner – durch Vertrauen, Rücksicht, Gegenseitigkeit. Auch auf dem 1000hmr ist das spürbar: Wer Raum lässt, wer grüßt, wer Rücksicht nimmt, macht den Weg für alle schöner.
Jita-Kyōei bedeutet: Wir kommen weiter – wenn wir uns nicht nur selbst sehen. Wenn wir geben, ohne zu verlieren. Und nehmen, ohne zu fordern.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Wirklich stark wirst du nicht allein. Du wächst im Miteinander.“
17. Kilometer: Kaizen – In kleinen Schritten besser werden
Auf dem 17. Kilometer beginnt oft das leise Zählen: Wie viele sind es noch? Was liegt hinter mir? Und: Was habe ich verändert – in mir? Genau hier setzt ein japanisches Prinzip an, das so kraftvoll wie unscheinbar ist: Kaizen (改善) – „kontinuierliche Verbesserung in kleinen Schritten“.
Im Judo übst du einen Griff, einen Wurf, eine Bewegung – immer wieder. Nicht um sofort perfekt zu sein, sondern um mit jedem Mal feiner, bewusster, stimmiger zu werden. Kaizen bedeutet: Du musst heute nicht ankommen. Aber du darfst heute besser sein als gestern.
Auch auf dem 1000hmr geht es nicht um Rekorde. Es geht um dein Tempo, deine Achtsamkeit, dein Wachstum – Schritt für Schritt. Vielleicht ein Gedanke, den du loslässt. Vielleicht ein Muskel, der stärker wurde. Vielleicht nur der Entschluss, wiederzukommen.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Du musst dich nicht neu erfinden. Reicht schon, wenn du den nächsten Schritt bewusst setzt.“
18. Kilometer: Heijōshin – Der ruhige Geist in Bewegung
Je näher du dem Ziel kommst, desto leichter ist es, hektisch zu werden. Noch schnell die letzten Kilometer. Noch ein Foto. Noch ein Gedanke, was danach kommt. Doch gerade jetzt braucht es das Gegenteil: Heijōshin (平常心) – „ein ruhiger, ausgeglichener Geist“.
In der japanischen Kampfkunst beschreibt Heijōshin den inneren Zustand von Gelassenheit bei voller Wachheit. Es ist nicht Gleichgültigkeit – sondern ruhige, tiefe Präsenz. Nichts bringt dich aus dem Takt. Du bist da. Still. Kraftvoll.
Auch auf dem 1000hmr geht es auf dem 18. Kilometer nicht ums Ankommen, sondern ums Innehalten in der Bewegung. Wenn du mit Heijōshin gehst, verpasst du nichts – und bekommst alles mit.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Du gehst ruhig – und wirst stärker mit jedem Schritt.“
19. Kilometer: Shin-Gi-Tai – Herz, Technik, Körper
Auf dem vorletzten Kilometer spürst du alles: die Anstrengung, die Freude, das Ziel vor Augen. Und wenn du zurückblickst, wird klar: Es war nicht nur dein Körper, der dich getragen hat. Es war auch dein Kopf. Und dein Herz. Genau darum geht es im japanischen Konzept Shin-Gi-Tai (心技体) – „Herz, Technik und Körper in Einklang.“
Im Judo steht Shin für innere Haltung und Geist, Gi für Technik und Können, Tai für körperliche Kraft und Präsenz. Nur wenn alle drei Elemente zusammenwirken, entsteht wahre Stärke.
Auch auf dem Weg wird dieser Dreiklang spürbar: Wenn dein Körper läuft, dein Geist wach bleibt und dein Herz offen ist. Shin-Gi-Tai ist ganzheitliches Gehen. Der 1000hmr ist nicht nur eine Strecke – er ist ein System, das du mit allem, was du bist, durchwanderst.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Der ganze Mensch geht. Und alles in dir darf mitkommen.“
20. Kilometer: Dō – Der Weg geht weiter
Du siehst den letzten Kilometerstein. Bald ist das Ziel erreicht – und doch spürst du: Der eigentliche Weg beginnt erst jetzt. Im Japanischen steht das Wort Dō (道) für „Weg“, aber nicht als Strecke – sondern als Lebensweg, als Übungsweg, als Haltung.
Judo bedeutet übersetzt: „Der sanfte Weg“ (柔道). Und wie in allen japanischen Disziplinen mit dem Zusatz „-dō“ – Kendō, Sadō, Shodō – ist damit nicht nur eine Technik gemeint, sondern ein innerer Weg, den man ein Leben lang geht.
Der 1000hmr endet vielleicht in Kilometern – aber nie im Herzen. Wenn du Dō verstanden hast, wirst du zurückkommen. Oder du wirst den Weg mitnehmen – in deine Art zu leben, zu arbeiten, zu begegnen.
💬 Gedanken zum Mitnehmen:
„Der Weg hört nicht auf. Er verändert dich – und geht mit dir weiter.“